Überspringen zu Hauptinhalt

Tipps für das Alte Land vor den Toren Hamburgs: Von Brauttüren, Apfelbaumpaten und Prunkpforten

Wenige Kilometer vor den Toren Hamburgs versteckt sich hinter Deichen und Leuchttürmen ein Paradies aus Apfelbäumen, alten Fachwerkhöfen, malerischen Grachten und skurrilen Traditionen: Das „Alte Land“ ist dabei nicht nur zur Apfelernte einen Besuch wert. Wer eine Auszeit von der City braucht, ist hier das ganze Jahr über gut aufgehoben! Hier kommen meine ganz persönlichen Entdeckertipps.

10 Millionen Obstbäume und ein Königreich hinterm Deich

Äpfel, Birnen, Kirschen, Pflaumen, Zwetschken und Erdbeeren: Diese sechs Früchte, 1o Millionen Obstbäume und 170 Quadratkilometer fruchtbarer Marschboden machen das „Alte Land“ zum größten zusammenhängenden Obstanbaugebiet nördlich der Alpen. Schon seit Jahrhunderten exportieren die Altländer ihr berühmtes Obst – natürlich auch nach Hamburg. Im 19. Jahrhundert verkauften sie ihre Früchte etwa auf dem Hamburger Hopfenmarkt vor der Nikolaikirche, wo auch die Bauern aus den Vierlanden standen, die die Stadt mit Getreide und Gemüse versorgten:

Quelle: Museum für Kunst & Gewerbe; Heinrich Hamann

 

Natürlich bekommt Ihr auch heute noch auf Hamburgs Wochenmärkten Obst aus dieser Region, und zwar immer noch direkt vom Erzeuger! Einzelne Höfe betreiben eigene Stände. Es gibt also keinen Zwischenlieferanten – fairer, frischer und lokaler geht’s nicht!

Altländer Marktstände findet Ihr zum Beispiel auf dem Isemarkt oder dem Spritzenplatz in Ottensen. Wir kaufen Obst häufig Mittwochs oder Samstag auf der Großen Bergstraße in Altona. Für die Auswärtigen unter Euch: Der Obsthof Lefers betreibt auch einen Onlineshop.

Tipps für das Alte Land: Obstlieferant für Hamburg. Obstkörbe mit Birnen und Äpfeln

Woher der Name „Altes Land“?

Bevor ich nun aber richtig loslege mit meinen Tipps für das Alte Land, hier noch kurz eine Erklärung zum Namen der Gegend, der sicher nicht nur meine eigene Fantasie als Kind angeregt hat… Ein Märchenreich? Haben hier vielleicht die Gebrüder Löwenherz gewohnt?, grübelte ich…  Die eher profane Antwort lautet: Das Alte Land entspringt im „Urstromtal“, einer Gegend östlich von Finkenwerder. Es beginnt, wo Airbus aufhört: Dieser riesige Obstgarten rund um Orte mit klingenden Namen wie „Jork“ oder „Königreich“ wurde vor 800 Jahren von holländischen Siedlern trocken gelegt, besiedelt und eingedeicht. Noch heute erinnern weiße Zugbrücken, Windmühlen und Grachten an das Erbe dieser Kolonisten. Während sie das Land urbar machten, nannten die Siedler die bereits bearbeiteten Flächen das “Alte Land” (auf Platt Olland), das noch nicht fertige Land das “Neue Land”. Irgendwann waren die Arbeiten abgeschlossen und alles war Olland.

Tipps für das Alte Land: Obstlieferant für Hamburg. Obstkörbe mit Birnen und Äpfeln

1. Tipp: Fachwerkmauern, Brauttüren und Prunkpforten bewundern!

Sofort ins Auge fallen die gigantisch großen Fachwerkhöfe mit Reetdächern und fantasievollen Ziegelmustern („Buntmauerwerk“):

Tipps für das Alte Land: Prächtige Obsthöfe mit Buntmauerwerk in Jork

Die Häuser erinnern mich – wie manche Backsteinfassade in Hamburg – an Strickmuster. Und wer weiß, vielleicht gibt es da sogar einen Zusammenhang zwischen der Architektur der Obsthöfe vor den Toren der Stadt und Hamburgs Backsteinexpressionismus… Jedes Altländer Bauernhaus ist dabei ein Unikat, jeder Besitzer legte seinen ganzen Ehrgeiz in eine schöne Fassade, die seinen Wohlstand bekunden und kleine Geschichten erzählen sollte.

Was jedoch in kaum einer Fassade fehlt, ist der eingemauerte „Hexenbesen“, der vor Blitzeinschlag und dem bösen Blick schützen sollte, sowie die „Teufelsmühle“, damit „immer Brot im Hause sei“. Eine weitere Eigenheit der Häuser im Alten Land sind die prächtigen „Brauttüren“: Türen, die eigentlich keine sind. Nur zu zwei Gelegenheiten durften sie durchschritten werden: 1. um die Braut über die Schwelle und 2. einen Toten aus dem Haus zu tragen. Ebenfalls Ausschau halten solltet Ihr nach den „Prunkpforten“:

Nur im Alten Land gibt es diese reich mit Schnitzereien verzierten Tore, die sich wohlhabende Bauern seit Ende des 17. Jahrhunderts an den Zufahrten zu ihren Höfen errichten ließen. Die Traube über dem Tor für die Kutschen stand dabei für Fruchtbarkeit, die beiden Löwenköpfe sind Schutzsymbole. Über dem kleinen Tor, das für Personen gedacht war, hängt ein geschnitztes, mit Blumen verschönertes Namensschild.

Wo ihr diese und weitere 13 Prunkpforten findet, zeigt Euch folgende Übersichtskarte: Prunkpforten im Alten Land

2. Tipp: Sich mit selbstgepflücktem Obst versorgen!

Obst aus dem Alten Land gibt es nicht nur auf Hamburger Märkten, sondern deutschlandweit im Supermarkt. Wer jedoch die Chance hat, sollte unbedingt selbst ins Alte Land fahren und sich sein Obst direkt beim Bauern holen – am besten sogar selbst pflücken. Denn das ist auf vielen Obstplantagen möglich. Wann Ihr welches Obst ernten könnt, sagt Euch dabei dieses Obstbarometer. Der Herbst ist ja bekanntlicherweise Apfelzeit – und es macht großen Spaß durch die unendlich langen Spaliere der Plantagen zu laufen, in denen die Äpfel üppig wie Christbaumkugeln von den Bäumen hängen.

Auf dem Portal „Mit Vergnügen Hamburg“ bekommt Ihr eine Liste mit Plantagen, auf denen Ihr selber ernten könnt: „11 Höfe rund um Hamburg zum Äpfel pflücken“.

3. Tipp: Alte Apfelsorten

Eckard Brandt ist Pomologe, er hat sich der Zucht und Erhaltung historischer Apfelsorten verschrieben. In über 30 Jahren hat er eine umfassende Sammlung angelegt, um die genetische Vielfalt dieser Früchte zu sichern und die Sorteneinfalt im Supermarktregal zu bekämpfen. Wo man ihn und seine ökologisch geführten Streuobstwiesen findet? Ihr könnt es Euch denken: im Alten Land.

Ständig ist Eckard auf der Suche nach neuen Raritäten, 800 regionaltypische Sorten hat er bislang zusammen getragen. In seinen Gärten gibt es alte Lokalhelden wie „Celler Dickstiel“, „Schöner von Haseldorf“, „Vierländer Blutapfel“, „Juwel von Kirchwerder“ oder „Finkenwerder Herbstprinz“ (Ist nicht jeder Name ein kleines Gedicht?). Zentrum von Eckard Brandts Apfelprojekt ist Boomgarden, wie er seinen Hof Königsmoor mitten in einem Sumpfgebiet genannt hat. Hier kann man alte Äpfel, aber auch alte Apfelbäume kaufen und Brandt bietet Führungen an. Mit seinem Obst und Gemüse steht er aber auch regelmäßig auf Märkten:

1. Wochenmarkt in Buxtehude – Altkloster (Schafmarkt), Samstag 8 – 12 Uhr

2. Hamburger Innenstadt am Chilehaus (Bruchardplatz), 21. Sept. – 16. November 2020Montag 12 – 16 Uhr

Boomgarden: Im Moor 2, 21712 Großenwörden / Telefon: 04775 – 538 / info@boomgarden.de / Website 

Hörtipp: In diesem Podcast-Interview erzählt Eckart vom Bio-Obstanbau im Alten Land: 

4. Tipp: Apfelbaumpate werden

Meine Nachbarn hier in Altona sind vor Kurzem Pate geworden – von einem Apfelbaum! Sie besitzen sogar eine Urkunde. Ihren Baum können sie, wenn sie wollen, täglich besuchen, im Frühling die Blüte bewundern, ihm gut zureden und während der Ernte Äpfel pflücken. Eigentlich ganz entspannt, denn um die Baumpflege müssen sie sich nicht kümmern. Und wenn sie es mal nicht hinaus zu ihrem Patenkind schaffen, werden ihnen die Äpfel auch per Paketdienst zugeschickt. Wo geht denn sowas? Auf dem Herzapfelhof Lühe in Jork. Ich glaube, ich brauche auch so ein fruchtiges Patenkind – leider konnte ich mich zwischen den 18 Apfelbaumsorten, die mir bei Lühs zur Auswahl stehen, bisher einfach noch nicht entscheiden…

Mehr Infos zur Apfelbaumpatenschaft: Herzapfelhof Lühs, Osterjork 102, 21635 Jork / Website

5. Tipp: Das Altländer Blütenfest feiern

Jedes Jahr zur Obstblüte – mit Ausnahme des „Corona-Jahrs“ 2020 – wird im Alten Land das Blütenfest gefeiert. Neben Musik, Altländer Trachten, Kunsthandwerk und Buden kann man als Besucher am Samstagabend um 22 Uhr ein großes Feuerwerk bewundern. Am 1. Maiwochenende wird zudem die Blütenkönigin gekrönt. Während der Zeremonie wird Ihre Majestät feierlich zur neuen Repräsentantin der Obstbauregion ernannt und erhält eine Krone aus Blüten, den sogenannten Flunk-Kranz, den früher auch Altländer Bräute trugen, wenn sie sich einen solchen denn leisten konnten:

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von Elbe-Obst (@elbeobst) am

Hier erfahrt Ihr mehr zum Altländer Blütenfest: Website

6. Tipp: Das Alte Land und seine lokalen Spezialitäten genießen

Erst mit dem Rad auf dem Elbradweg fahren oder auf dem Deich
spazieren gehenund sich danach eine Pause in einem schönen Cafe gönnen.
Das könnt Ihr zum Beispiel im Cafe Möwen Nest – direkt am Deich gelegen.

www.cafe-altes-land.de

 

Kuchen kann man sich mit Äpfeln, die man sich aus dem Alten Land mitgebracht hat, auch wunderbar selbst backen (siehe oben), einen Obstler aus ihnen brennen, ist da schon schwieriger. Echte lokale Spezialitäten wie den „Olland Herbstprinz-Gold“ könnt Ihr dafür in der NORDIK Edelbrennerei erstehen. Neben Apfelbränden, Likören und Obstlern bietet die Brennerei aber auch Whiskeytastings, Gin- und Brennseminare an.

https://www.nordik-edelbrennerei.de

 

Statt Benzin lieber Vitamin C tanken: Das könnt Ihr an der „Früchtetankstelle“ am Obsthof Diercks – und zwar rund um die Uhr in Form von saisonalem Obst, das in gekühlten Fächern per Knopfdruck für Euch parat gehalten wird! Honig und Säfte gibt’s auch.

https://www.obsthof-diercks.de/Fruechtetankstelle

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von Anna Wegelin (@annawegelin) am

7. Tipp: Ein Picknick bei Schubacks

Auf dem Obsthof Schuback kann man zwischen Apfelbäumen, Liegestühlen und einem Flüsschen picknicken – und bekommt dafür einen Bollerwagen voller Leckereien. Man kann wählen zwischen einem „Altländer Picknick“ mit ausschließlich kalten Köstlichkeiten, einer vegetarischen Variante oder einer Grillkorb-Variante mit Grillfleisch und leckeren Beilagen. Grillutensilien gibt’s selbstverständlich dazu. Bei Regen kann man die gemütlichen Räumlichkeiten der Schubacks aufsuchen. In diesem Jahrr soll es auch eine Winter-Edition geben mit heißer Suppe und Rosmarinbrot. Ich bin dabei!

Mehr Infos zu Schubacks Picknick: www.obstparadies-jork.de/picknickparadies

 

Sieh dir diesen Beitrag auf Instagram an

 

Ein Beitrag geteilt von Sylvia Frenzel (@duracellsylvie) am

Wie Ihr ins Alte Land kommt:

Mit Bahn und Bus

Die  S3 fährt von Hamburg Hauptbahnhof Richtung Stade. In Buxtehude nehmt Ihr den Bus 2044 (Achtung! Keine Verbindung an Wochenenden) nach Jork. Weitere Möglichkeit: Von Neugraben den Bus 257 bis Jork nehmen oder nach Stade fahren und dort den Bus 2050 Richtung Cranz. Die Fähre 62 fährt von den Landungsbrücken bis Finkenwerder und von da aus könnt Ihr mit dem Bus 150 direkt nach Cranz fahren.

So fahrt Ihr mit dem Auto ins Alte Land

Von nördlich der Elbe kommend fahrt Ihr auf der A7 durch den Elbtunnel, an der ersten Ausfahrt 30 Waltershof abfahren und den Schildern Richtung Finkenwerder folgen.

Mit Schiff und Fahrrad

  • Es gibt eine Fahrradroute in das Alte Land. Verschiedene Fähren stehen dabei zum Übersetzen zur Verfügung.
  • Mit der Elbfähre könnt Ihr von Blankenese nach Cranz übersetzen. Von hier aus fahrt Ihr die Este entlang bis nach Königreich, Estebrügge und Buxtehude. Ihr könnt aber auch in Königreich nach Westen abbiegen Richtung Jork und weiter durch das Alte Land bis nach Stade fahren.
  • Mit der Fährlinie 62 von Landungsbrücken nach Finkenwerder. Hinter Airbus beginnt das Alte Land
  • Von Wedel gibt es eine Fährverbindung nach Lühe
  • Zwischen Glückstadt und Wischhafen verkehrt zudem eine Autofähre

 

Du findest diesen Blog hilfreich? Dann werde Mitglied im Elbville-Supporter-Club und erhalte tolle Prämien!

hallo

TIPP: Entdecke auf 8 Touren über 160 tolle Foto-Spots der Stadt. Einfach Foto-Safari herunterladen und los geht’s!

An den Anfang scrollen